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17.06.2005: Wegerecht, Toranlage

Wegerecht, Toranlage

§ 116 SachenRBG, § 1020 BGB
§ 890 Abs. 1 ZPO

Der Berechtigte aus einem Wegerecht muss es als bloße Unbequemlichkeit in der Regel hinnehmen, dass ein bisher offener Weg durch Anbringung eines Tores verschlossen wird, falls er die erforderliche Anzahl von
Schlüsseln erhält.

LG Potsdam, Beschluss vom 18.02.2005 - 1 T 2/05
(AG Brandenburg 35 (32) C 221/02) (unveröffentlicht)

Sachverhalt
Der Gläubiger beantragte im Wege der Zwangsvollstreckung die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Schuldner wegen Verletzung der ungehinderten Überquerung des Grundstücks des Schuldners.

Im Hauptsacheprozess hatte der Gläubiger gegen den Schuldner ein auf § 116 SachenRBG gestütztes Urteil erstritten, wonach der Schuldner zu dulden hatte, dass der Gläubiger die rückwärtige Verbindung zu seinem Grundstück ....über das Grundstück des Schuldners .... ungehindert zur Überquerung nutzt.
Nach Rechtskraft des Berufungsurteils zäunte der Schuldner sein Grundstück ein,
versah den Zaun mit einem Tor (mit Türschließer), verschloss das Tor und händigte dem Gläubiger einen Schlüssel aus.

Der Gläubiger begründete seinen Antrag auf Zwangsgeldfestsetzung damit, dass die Errichtung der Toranlage und deren Verschluss dem Urteil widersprach und keine
ungehinderte Überquerung des Grundstücks des Schuldners möglich sei.

Das Amtsgericht wies den Antrag des Gläubigers ab. Der sofortigen Beschwerde
des Gläubigers wurde nicht abgeholfen und dem Landgericht (Beschwerdegericht) zur Entscheidung vorgelegt. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde zurück.

Entscheidungsgründe
Grundlage der Zwangsvollstreckung sind der Tenor der Entscheidung sowie die Urteilsgründe, soweit deren Heranziehung für die Auslegung der Urteilsformel geboten ist.
Ein nach § 116 SachenRBG abgeleiteter Anspruch auf ein Wegerecht hat keinen
weitergehenden Umfang als das dingliche Recht Wegerecht gem. §§ 1018 ff BGB.
Gem. § 1020 Satz 1 BGB muss der Berechtigte als bloße Unbequemlichkeit in der Regel hinnehmen, dass ein bisher offener Weg durch Anbringung eines Tores verschlossen wird, falls er die erforderliche Anzahl von Schlüsseln (im hier streitgegenständlichen Verfahren 1 Schlüssel) erhält (vgl. Münchener Kommentar, BGB, 4. Auflage, § 1020 RdZ.5). Insoweit wird auch auf die Entscheidung des OLG Frankfurt, NJW -RR 1986, S. 763 sowie AG Tempelhof GE 1988, 307 Bezug genommen. Denn bei der Ausübung des Wegerechts hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks zu schonen und auf dessen Interessen Rücksicht zu nehmen. Insoweit ist eine Abwägung der Interessen der Parteien vorzunehmen. Auf Seiten des Gläubigers ist zu berücksichtigen, dass dieser das betreffende Tor, welches mit einer Rückzugfeder ausgestattet ist, beim Durchqueren, auch mit Müllgefäßen oder Fahrrädern, aufzuhalten oder gegen das Zufallen mit einem entsprechenden Keil zu sichern hat. In diesen Erfordernissen ist eine gewisse Belästigung des Gläubigers zu erblicken. Auf Seiten der Schuldner war zu berücksichtigen, dass diese ein legitimes Interesse daran haben, ihr Grundstück einzufrieden und abzugrenzen von den benachbarten Grundstücken.
Ein derartiges Interesse kann sich etwa aus der leichteren Beaufsichtigung von Kindern oder Tieren ergeben, jedoch auch aus Sicherheitserwägungen.
Die Montage des Tores hindert den Gläubiger nicht zur Nutzung des vom Wegerecht
betroffenen Teils des Grundstücks der Schuldner. Hiernach war der Antrag des Schuldners zurückzuweisen.

Aktenzeichen: LG Potsdam, Beschluss vom 18.02.2005 - 1 T 2/05

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