Juristische Tips - Informationen für Sie

04.07.2003: Unberechtigter MwSt.-Abzug bei Totalschaden

Seit dem 1.7.2002 ist bei Abrechnung auf Gutachtenbasis ("fiktive Abrechnung") die Mehrwertsteuer von den ermittelten Reparaturkosten abziehen. Erst bei Nachweis der Reparatur wird die tatsächlich angefallene Mehrwertsteuer dann von der Versicherung des Unfallverursachers erstattet.
Problematisch wird es, wenn ein sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt.
Die Versicherer ziehen hier vom Wiederbeschaffungswert ebenfalls 16% Mehrwertsteuer ab.
Doch nicht immer fallen wirklich 16% Mehrwertsteuer vom Gesamtschaden an. Das gilt vor allem beim Totalschaden.
Bei manchen Totalschäden fällt überhaupt keine Mehrwertsteuer an.
Sofern es ein ziemlich neues Fahrzeug war, das auch noch beim Händler im Schaufenster stehen könnte, dann ist ein Abzug von 16% Mehrwertsteuer rechtens. Denn der Händler verkauft den Wagen mit 16% Mehrwertsteuer.

Ist das Fahrzeug aber schon ein paar Jahre alt, darf der Versicherer zwar 16% Mehrwertsteuer abziehen, aber nicht vom gesamten Wert des Wagens. Wegen der "Differenzbesteuerung" der Gebrauchtwagen beim Autohändler. Der Autohändler kassiert zwar Mehrwertsteuer und führt die auch ab, aber nicht vom gesamten Verkaufspreis. Die Mehrwertsteuer für den Gebrauchtwagen beim Autohändler wird nur auf den Unterschiedspreis zwischen Händlereinkaufspreis und Händlerverkaufspreis errechnet.

Ein Beispiel: der Händler kauft von Privat ein Auto oder nimmt ein Auto in Zahlung. Sagen wir für 8000 Euro. Den Wagen verkauft er dann weiter für 10000 Euro. Die Mehrwertsteuer wird aber jetzt nicht auf 10000 Euro berechnet, sondern nur auf den Unterschied zwischen dem was der Händler bezahlt hat, und dem was er für den Wagen bekommt. Also Mehrwertsteuer fällt nur auf diese Differenz von 2000 Euro. Also nur 320 Euro.

Wer also einen Totalschaden mit einem paar Jahre alten Wagen hat, dem dürfen nicht 16% Mehrwertsteuer vom Wiederbeschaffungswert von der Versicherung abgezogen werden. Sondern nur die Mehrwertsteuer aus der Differenzbesteuerung. Da die Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis des Händlers variiert, gibt es eine Faustformel: 2 % vom Wiederbeschaffungswert sind dann die Hilfsgröße für 16% Differenzbesteuerung.

Ist das Fahrzeug, Faustgröße sechs Jahre und älter, oder hat es, wieder Faustformel, mehr als 150 000 auf dem Buckel, dann darf überhaupt keine Mehrwertsteuer bei einem Totalschaden abgezogen werden. So ein Fahrzeug gibt es in der Ersatzbeschaffung sicher nicht mehr beim Händler. Das würde der wegen der strengen Gewährleistung gar nicht mehr verkaufen. So ein Fahrzeug gibt es nur von Privat, und da fällt keine Mehrwertsteuer an. Also darf auch keine Mehrwertsteuer abgezogen werden.

Dennoch ziehen viele Versicherer 16% vom Wiederbeschaffungswert ab.
Geld, das Ihnen zusteht!

Damit Ihnen das nicht passiert, sollten Sie im Schadensfalle unbedingt einen Rechtsanwalt mit der Regulierung Ihres Unfalles beauftragen. Erkennt die Rechtslage und wird dafür sorgen, daß keine unberechtigten Abzüge von Ihrem Schadensersatzanspruch vorgenommen werden.

Aktenzeichen: AG Apolda 3 C 550/02

Zurück

© ra-online GmbH, 2001-2014