Rechtsanwaltskanzlei

Jürgen Feick


Juristische Tipps - Informationen für Sie

10.02.2009: Rechtsanwälte und Behörden

Rechtsanwälte streiten nicht nur gegen Behörden; oftmals vertreten sie auch Behörden etwa vor den Verwaltungsgerichten. Dabei haben grundsätzlich auch Behörden das Recht zur Zuziehung eines Anwalts. Im Falle des Unterliegens in einem Rechtsstreit gegen eine Behörde sind hiernach auch die Kosten des Rechtsanwalts der Behörde zu erstatten.

Nicht anerkannt werden kann die Erstattung von Kosten eines Rechtsanwalts insoweit nur, wenn die Zuziehung gegen Treu und Glauben verstößt, insbesondere offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen. Daher darf selbst eine Behörde, die über rechtskundige Beamte verfügt, einen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung betrauen und Erstattung der ihr dadurch entstandenen Kosten verlangen (statt vieler VG Leipzig, Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.01.2009 – 6 K 643/05 mit weiteren Nachweisen).

Ein solcher Fall war im wie vorliegend vom Verwaltungsgericht (VG Leipzig) entschiedenen Fall nicht gegeben. Die Gründe dieses Kostenfestsetzungsbeschlusses lauten wie folgt:


Vorliegend wurde gegen den Kostenfestsetzungsantrag nicht eingewandt, dass die Beauftragung des Anwalts durch die Gegenseite offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten bzw. finanzielle Schädigung zu verursachen. Mit Schriftsatz vom 26.11.2008 wurde vorgetragen, dass für das erstinstanzliche Verfahren vor den Verwaltungsgerichten kein Vertretungszwang bestehe. Nach Auffassung der Beklagten (und auch des Gerichts) sei die Rechtslage eindeutig und klar gewesen, so dass es der Bestellung eines Rechtsanwalts nicht bedurft hätte. Die Kosten seien daher keine i. S. d. § 162 Abs. 1 VwGO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten und daher nicht festzusetzen.

Der Umfang der Kostenerstattung bestimmt sich in verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 162 VwGO (s. o.). Die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines beauftragten Rechtsanwalts (§ 162 Abs. 2 S. 1 VwGO) gilt auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden, die über qualifizierte Mitarbeiter verfügen (vgl. VG Leipzig, Beschl. v. 14.02.2005, Az.: 3 K 2244/01). Auch in diesen Fällen ist grundsätzlich nicht zu prüfen, ob eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich gewesen ist (Nieders. OVG, Beschl. v. 25.07.2008, Az.: 10 OA 165/08).

Es ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass die Beklagte ihren Prozessbevollmächtigten zum Verfahren in der Annahme hinzugezogen hat, die Tätigkeit ihres Bevollmächtigten wäre gleichwohl erkennbar nutzlos und bei objektiver Betrachtung allein dazu angetan, dem Gegner Kosten zu verursachen. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit ist dabei nicht, ob der Prozessgegner oder das Gericht die Tätigkeit des bevollmächtigten Rechtsanwalts für nutzlos halten, sondern, ob sie für die von ihm vertretene Partei von Nutzen ist. Es liegt deshalb im eigenen Ermessen der Behörde, ob sie sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt oder ob sie sich für die Prozessvertretung eines entsprechend qualifizierten Beamten oder Beschäftigten bedient. Dass die Prozessvertretung für den Beklagten tatsächlich offensichtlich nutzlos gewesen ist, ist zu verneinen. Zumindest ersparte er sich den Einsatz des eigenen Personals für die Prozessführung. Eine Pflicht des Beklagten dahin, zur Minimierung der Kosten der Gegenseite dadurch beizutragen, Personal für die Prozessführung vorzuhalten oder ggf. auf Grund einer Vielzahl von Verfahren zusätzlich einzustellen, besteht nicht. Dies gilt auch dann, wenn der Beklagte in einer Vielzahl von Verfahren, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen gleich zu beurteilen sind, beteiligt ist (Nieders. OVG, Beschl. v. 25.07.2008, Az.: 10 OA 165/08).

Die Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten nach § 162 Abs. 2 VwGO knüpft nicht an die Notwendigkeit eines Anwalts an und dient vornehmlich dazu, es den Hauptbeteiligten eines Verfahrens zu erleichtern, sich eines qualifizierten Rechtsvertreters zu bedienen und den Verwaltungsrechtsschutz - auch für Rechtspersonen des öffentlichen Rechts - wirksam zu gestalten (VG Leipzig Beschl. v. 14.02.2005, Az.: 3 K 2244/01).

Die Beauftragung des Anwalts durch den Beklagten war demnach weder offensichtlich nutzlos noch objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner finanzielle Schädigung zu verursachen.

Es waren auch keine Anwaltspunkte ersichtlich, die die Erstattung der Kosten der anwaltlichen Vertretung der beklagten Behörde ausschließen würden.

Aktenzeichen: VG Leipzig 6 K 643/05

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